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'Krieg gegen den Iran!?' - Attac Aalen zu 'Was sagte Achmadinedschad?' von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann aus Infobrief 22

Der Krieg gegen den Iran hat bereits begonnen - meint Georg Meggle, Professor für Philosophie an der Uni Leipzig.

Milosevic ist tot, Saddam im Gefängnis – die Rolle des Oberschurken ("Hitler") war in letzter Zeit vakant. Aber nun ist sie endlich wieder besetzt: mit Mahmud Ahmadi-Nežad, dem iranischen Staatspräsidenten, glauben viele westliche PolitikerInnen die Idealbesetzung gefunden zu haben. Der hat bekanntlich die Vernichtung Israels angedroht, der jüdische Staat gehöre von der Landkarte getilgt, ausradiert. So hatten Ende Oktober die Medien berichtet – von der taz über die FAZ und FR, Süddeutsche und Handelsblatt, Spiegel, Focus und Zeit, vom Hamburger Abendblatt über N24 und wie sie alle heißen bis hin zu ZDF heute und der Tagesschau. Und wenn das alle wesentlichen Medien in Deutschland berichten – wer sollte an der Richtigkeit dieser Meldungen zweifeln!?

Irans Präsident Ahmadi-Nežad hatte am 26. Oktober 2005 in Teheran vor Studenten eine Rede gehalten, in der er sich v.a. mit der Rolle der USA und Israels beschäftigte. Allerdings findet sich in der gesamten Rede nirgendwo die Forderung nach der Zerstörung Israels, nach "Ausradierung Israels von der Landkarte". Ahmadi-Nežad nennt als mögliches Ziel die Beseitigung der Regime, die in Israel und den USA an der Macht sind – nicht aber die Beseitigung des Staates Israel. "Aus der Forderung nach Beseitigung eines Regimes die Forderung nach Beseitigung eines Staates zu konstruieren, ist grobe Irreführung, gefährliche Demagogie." (Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann) Dies sei schon Teil des Krieges gegen den Iran, der bereits begonnen habe – mit der wichtigen, vorbereitenden Propagandaphase. Das ist zumindest die Meinung von Georg Meggle, Professor an der Uni Leipzig.

Es ist nicht Irans Präsident Ahmadi-Nežad, der Staaten "auslöschen" will (zumindest nicht lt. seiner viel "zitierten" Rede) – ein anderer Politiker nahm diesbezüglich allerdings kein Blatt vor den Mund: der ehemalige US-amerikanische Vize-Verteidigungsminister, Paul Wolfowitz, forderte die Auslöschung von Staaten ("ending states"), die Terrorismus unterstützen (Washington Post, 14.09.2001). Und dazu gehört nach Meinung der USA – natürlich – der Iran.

Die Frage ist ganz einfach: Wer bedroht eigentlich wen? Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann meinen: "Die Bedrohungssituation wird auf den Kopf gestellt. Nicht die USA und ihre Verbündeten, die einen Atomkrieg planen, gelten als Bedrohung, sondern das auserkorene Opfer wird zum Dämon stilisiert."

Auch wenn man versucht, den Standpunkt des Iran einzunehmen, wird man erkennen: es sind primär iranische Interessen, die derzeit bedroht werden – und eben nicht israelische oder gar US-amerikanische.